Johann Wilhelm Ludwig          Belinde

Gleim

1719 – 1803                                        Das letztere leichtflatternde Gewand

Sank; welch ein Blick! die artige Belinde

Ward um und um ein Spiel der sanften Winde,

Wo sie, wie Venus einst, auf Ida stand.

 

Durch ihren Reiz, durch ihre zarte Hand,

Von der ich noch den sanften Scherz empfinde,

Durch alles, was an ihr mein Auge fand,

Floß in mein Herz das süsse Gift der Sünde.

 

Erstaunt, entzückt, mir selber unbewusst,

Bemächtigte sich die Gewalt der Sinnen

Ach, allzubalb der Tugend meiner Brust.

 

Du, der du sagst: Ich will den Sieg gewinnen;

Ach laß doch nie das süsse Gift der Lust,

Laß es doch nie nach deinem Herzen rinnen.